Im „Bau"

 

„Bau" nennt der Soldat den Teil des Wachgebäudes in dem die Gefängniszellen untergebracht sind. Natürlich waren mir die Zellen bekannt. Als Wachsoldat kam es schon mal vor, dass man einsitzenden Soldaten das Frühstück, Mittag- oder Abendessen in der Kantine holen musste. Eines Tages durfte ich aber auch mal selbst drin „sitzen" und das kam so:

 

An einem scheußlichen Tag im Oktober 1968 musste ich meinen Hauptmann und TechnOff mit dem Kommandeurfahrzeug nach Veitshöchheim kutschieren. Dort war unsere vorgesetzte Dienststelle angesiedelt, die PzDiv12 (Panzerdivision 12). Wir mussten damals noch querfeldein fahren über Heidelberg und Buchen. Mindestens drei Stunden waren wir unterwegs. Dort angekommen stieg mein Hauptmann aus und überließ mich sich selbst.

 

Die Kantine war nicht sonderlich einladend. Ich trank einen Kaffee und verschwand wieder. Drückte mich im Kasernenbereich herum. Als ich die Panzer inspizierte jagte mich ein Hauptfeldwebel davon. Missmutig trollte ich mich. Die Hände tief in den Hosentaschen vergraben. Prompt lief ich einem einheimischen Hauptmann und einem Stabsfeldwebel über den Weg. Da ich die Hände so tief eingegraben hatte konnte ich militärisch nicht grüßen.  Mich juckte das nicht. Der Hauptmann fühlte sich aber in Gegenwart eines Untergebenen regelrecht angepöbelt. Er pfiff mich zurück und fragte: „Können Sie nicht grüßen oder wollen Sie nicht"? Ein MG hätte nicht schneller und schärfer schießen können. Meine unverblümte Antwort lautete: „Ich will nicht"!

 

Daraufhin verwies er mich der Kaserne. Ich weigerte mich. Schließlich waren mein Hauptmann und das Kommandeursfahrzeug im Kasernenbereich. Das ist Befehlsverweigerung ich nehme Sie fest. Folgen Sie mir. Noch mehr verärgert, aber doch froh über die Abwechslung folgte ich den beiden. Es ging zur Wache. Dort musste er dem Wachoffizier erklären weshalb er mich verhaftet hatte –Befehlsverweigerung und Gefährdung der Sicherheit-. Ich wurde in eine Zelle eskortiert und musste meine Schnürsenkel und mein Koppel abgeben. Das war nicht so schlimm. Dass aber auch die Matratze  entfernt wurde war ärgerlich.

 

So runde zwei Stunden vergingen. Dann wurde ich meinem Hauptmann überstellt. „Musste das sein, wegen so einem kleinen Hauptmann"? War sein ganzer Kommentar. Bis zum Ende seiner Aufgabe musste/durfte ich in seiner Nähe bleiben.

 

Dunkelheit und Nebel begleiteten uns auf der Heimfahrt. Ich glaube es war nach acht als wir endlich in Speyer eintrafen. Einen vereinbarten Krankenhausbesuch konnte ich dadurch an den Nagel hängen.

 

Eines Tages kam der S1 –die linke Hand des Kommandeurs- mit einem Wisch in unser Dienstzimmer. Ein Hauptmann der Panzerdivision 12 erhebt schwere Vorwürfe gegen den Gefreiten Kuhn, also mich. Ich solle mitkommen und mich rechtfertigen. „Nix da", sagte mein Hauptmann der hat keine Zeit den brauche ich jetzt. „Und was soll ich nun mit der Beschwerde machen?, fragte der S1.

 

Wie er sie erledigt hat weis ich nicht. Für mich entstanden keine Konsequenzen, keine Disziplinarmaßnahme also............. "Bau"zum Beispiel!!!!!!!!!!!

 


Erich Peter Kuhn©

Redaktionell ergänzt im Juli 2014